Selfies sind doch irgendwie peinlich, nicht? Man baut sich irgendwo auf, tunlichst vor einer Sehenswürdigkeit, allein oder mit Freundinnen und Freunden, steckt die Köpfe zusammen oder schaut alleine möglichst fröhlich – und Sekunden später weiß die Welt auf Facebook oder Instagram: „XY was there!“.
Bemerkenswert, dass auch Menschen, die das eine oder andere Selfie geschossen haben, Selfies von anderen als narzisstisch, eitel, aufdringlich, gar „prollig“ finden – das eigene Selbstporträt aber wird als (selbst)ironisch, verfremdet, spaßig wahrgenommen.
Tatsächlich spiegeln Selfies nichts anderes wider, als den massenhaften Zu- und Umgang von Menschen zu fotografischen Gerätschaften – meistens Smartphones. Das „Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Uploadbarkeit“ geht seltsame Wege.
Wieviel tradierte „künstlerische“ Hochnäsigkeit steckt eigentlich hinter der leichten Abschätzigkeit gegenüber Selfies? Ist das nicht ein bisschen die Ratlosigkeit davor, dass sich Menschen völlig hemmungslos einer Technik bedienen können, die einstens ein Privileg einer besser gestellten sozialen Schicht war?
Wir finden das Selfie befremdlich, irgendwie exhibitionistisch – und zahlen dafür, dass unsere Kinder Jahr für Jahr in der Schule in dieser bekannten zwanghaft disziplinierten Anordnung für ein Klassenfoto posieren.
Die Saatchi-Gallery in London zeigt momentan in Zusammenarbeit mit Huawei eine Ausstellung „From Selfie to Selfexpression„, die zugleich Teil eines internationalen offenen Selfy-Fotowettbewerbs ist.
Die ausgestellten Fotos und die Aufnahmen, die man auf der Website sieht, sind bemerkenswert. Sie können uns einen Spiegel vorhalten und zum Nachdenken anregen, ob diese häufig belächelte Form der Selbstdarstellung nicht ein sehr interessanter Nebenpfad (oder doch ein Prachtboulevard?) der Demokratisierung der Fotografie im digitalen Zeitalter ist.