Seit dem 1, April bis 27. Mai kann man in der ambitionierten Galerie (oder: Galerie-Bar) Melete am Wiener Spittelberg Werke aus dem Fotoprojekt „Liebe zu Zeiten der Pest“ des deutschen Fotografen Rainer M. Gillessen besichtigen und auch erwerben.

Gillessen, Jahrgang 1954, arbeitete nach seinem Studium der Kunstgeschichte an der RWTH Aachen unter anderem als Theaterfotograf am Stadttheater Aachen und Tanzfotograf für das bedeutende Schrittmacher Tanzfestival.

Heute lebt er einen Gutteil des Jahres auf Kreta und leitet dort unter anderem Fotoworkshops. Er arbeitet dort am Projekt „akt auf kreta“ (Arbeitstitel). Sein Hauptinteresse gilt dabei der Kombination aus Akt und Architektur und Landschaft.

Im Begleittext zur  Ausstellung „Liebe zu Zeiten der Pest“ schreibt Gillessen:

„leider sind die zeiten nicht besser als im mittelalter

wir erfahren nur mehr durchs internet

wobei einige einrichtungen dieses mediums die pest sind

zb facebook- twitter – und deren nutzer- trump die nsa etc

wir denken immer noch – wie die ärzte im mittelalter – wir könnten uns duch maskieren schützen

lasst uns alle weiterträumen“

Die Models auf Gillessens Fotos bei diesem Projekt haben eines gemeinsam: Sie tragen Pestmasken. Die wiederum kennen wir aus zeitgenössischen Abbildungen aus den Epochen der großen Pestepidemien im Mittelalter und der frühen Neuzeit:

Doktorschnabel_430px

Heute begegnen uns die Pestmasken in verfremdeter Weise beim Karneval in Venedig:

maske

Trotz der damaligen Unkenntnis über Ursachen, Entstehung und Übertragung der Pest waren die Pestdoktoren des Mittelalters erstaunlich hellsichtig bei der Vorbeugung: In den Schnäbeln der Masken wurden Kräuter gegen den Verwesungsgeruch und zur Reinigung der Atemluft eingelagert, die Augenlöcher wurden mit Glas oder Häuten abgedichtet, und spezielle Mäntel sollten den Körper der Helfer tunlichst isolieren.

rmgillessen

Rainer Matthias Gillessen kam bei einem Besuch in Wien auf die Idee mit den Pestmasken – beim Aufenthalt in der Wohnung von Fotofreunden sah er eine solche Maske, und eine Idee war geboren. Gillessen verwendet für die Inszenierung seiner Fotos gerne Alltagsgegenstände – so sehen wir auf Fotos der Ausstellung in der Galerie Melete Models auf Paletten, ein Kreuz war schnell selbst gezimmert, ein Tisch aus einer Jugendherberge entlehnt …

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Der Fotograf arbeitet mit starken Lichteffekten. Das besondere daran? „Ich arbeite immer ohne künstliche Beleuchtung. Ich suche die richtigen Stellen und nutze den natürlichen Lichteinfall“, erzählt mit Rainer Gillessen. Die Ergebnisse sind beeindruckend.

Und noch etwas mag Puristen der Fotobearbeitung erstaunen: Er arbeitet von Fotos im JPEG-Format weg. RAW ist nicht sein Ding – und wenn man die großformatigen Drucke auf Leinen sieht kann man leicht sehen, dass die Theorien über Qualitätsverluste bei JPEG-Vergrößerungen zumindest schwer übertrieben sind.

Bei einigen der Bilder merkt man nicht nur an der Inszenierung, dass Rainer Gillessen von der Tanzfotografie herkommt. Eines seiner Models ist eine amerikanische Touristin, die er auf Kreta kennengelernt hat und die Tänzerin ist. Das ermöglicht natürlich sehr dynamische und geradezu choreographierte Aufnahmen.

Die bemerkenswerte Ausstellung ist zu sehen:

1.4. – 27.5.2017

Galerie Melete

Spittelberggasse 18,

1070 Wien

Do., Fr., Sa. 15.00 – 22.00

Finissage: 27.4., 15.00 Uhr

Rainer Matthias Gillessen kontaktieren:

www.rainergillessen.de

www.view.stern.de/de/mitglieder/rainermgillessen

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