Am 19. Mai 2017 starb in Paris der amerikanische Fotograf Stanley Greene im 68. Lebensjahr.
In Brooklyn in einer Schauspielerfamilie geboren, gab es schon früh prägende politische Erfahrungen: sein gewerkschaftlich aktiver Vater war einer der ersten afroamerikanischen Gewerkschafter, der in der Screen Actors Guild in eine Funktionärsposition gewählt wurde. In den 50er Jahren geriet der Vater in die Mühlen der Hexenjagd gegen Kommunisten und konnte nur noch kleine Nebenrollen annehmen, bei denen sein Name nicht genannt wurde.
Mit elf Jahren erhielt Stanley von den Eltern die erste Kamera geschenkt. Der künstlerisch talentierte Jugendliche begann als Maler und nutze die Kamera zur Dokumentation seiner Arbeiten. Zugleich war er in der Bewegung gegen den Vietnamkrieg aktiv und schloss sich der Black Panther Party an.
1971 bot ihm ein Freund, der Fotograf W. Eugene Smith, in seinem Foto künstlerischen Unterschlupf und ermutigte ihn, an der School of Visual Arts in New York und am San Francisco Art Institute Fotografie zu studieren.
Er arbeitete für Zeitschriften, machte Eventfotografie, ging nach Europa und arbeitete unter anderem als Modefotograf in Paris. In diesen Jahren entstand der Dokumentarfilm “The Western Front” über die Punk-Szene in San Francisco in den 70er und 80er Jahren.
Das war die wilde Zeit in seinem Leben, die ihn bis in die Heroinsucht führte. Der AIDS-Tod eines guten Freundes brachte ihn von den Drogen weg, und er arbeitete ernsthaft an seiner Karriere als Fotograf.
Im November 1989 gelang ihm mit seinem Foto „Kisses to All, Berlin Wall“ ein ikonisches Bild vom Fall der Berliner Mauer.
Damit begann eine außergewöhnliche Karriere als Pressefotograf, die Greene an die gefährlichsten Brennpunkte der Weltpolitik führte Er arbeitete für die Agentur VU mit Sitz in Paris, Zeitungen und Magazine wie Liberation, Le Monde, Paris Match, New York Times Magazine veröffentlichten seine Bilder. 1993 war er beim Putsch in Russland im Weißen Haus in Moskau und wäre dort fast erschossen worden; er berichtete aus den krisengeschüttelten Nachfolgestaaten der Sowjetunion; er fotografiere die Kriege am Balkan, im Irak, Somalia, Kaschmir, Libanon. Zu seinen aufrüttelndsten Reportagen gehören jene über den Völkermord in Ruanda 1994 und die über die Folgen des Hurricane Katrina 2005.
Am bekanntesten wurde er durch seine Fotos aus Tschetschenien. 2004 erschienen die markantesten seiner Kriegsfotos aus dieser Region unter dem Titel “Open Wound” auch als Buch. Greene wurde mehrfach mit dem World Press Photo Award ausgezeichnet.
2007 dürfte sich Greene nach eigenen Angaben im Tschad mit Hepatitis C infiziert haben.
Nach einer langwierigen Behandlung folgte eine Reportage über Drogenmissbrauch und die Folgen aus Afghanistan. 2012 begann er ein Projekt über e-waste (Elektronikabfall, der in den ärmsten Ländern der Welt abgeladen wird). Er war Mitgründer der von Amsterdam aus operierenden Bildagentur NOOR.
Am 19. Mai verlor der 68-jährige in Paris den Kampf gegen den Leberkrebs, der vermutlich eine Folge der Erkrankung in Afrika war.