In der Welt der Kunst gibt es Menschen, die sich nicht nur auf eine Disziplin beschränken, sondern ihre kreative Leidenschaft auf verschiedene Bereiche ausdehnen. Ein solches Multitalent ist der Fotograf und Performer Julius Werner Chromecek, dessen Arbeit sowohl in der Fotografie als auch in der Tanz- und Performancekunst zu finden ist. Ach ja – 2006 promovierte er an der Universität im Bereich kognitive Neurowissenschaften… Eine beeindruckende Liste von Ausstellungen, Kollaborationen und künstlerischen Erfahrungen bildet ein Mosaik seiner vielseitigen Karriere.
Bei der „Foto Wien“ 2023 nimmt der Künstler an einer Gruppenausstellung von reflektor books teil. „Tanzräume in Wien/Dance Rooms in Vienna“ (Buch/book) präsentiert eine Sammlung von Fotografien in Buchform – im Prinzip auch eine Art von Ausstellung. Das teilweise durch Crowdfunding finanzierte Projekt wurde am Leipzig Photobook Festival präsentiert.
Als passionierter Tänzer hat Chromecek seit seiner Jugend verschiedene Tanzstile wie Lindy Hop, Contemporary und Tango in sein Leben integriert. In „Tanzräume in Wien“ präsentiert Chromecek eine Sammlung von rund 60 Schwarz-Weiß-Bildern, die die vielfältigen Tanzstudios und -räume in Wien einfangen. Jeder Raum spiegelt das Image und die Szene des dort angebotenen Tanzstils wider. Hip-Hop-Studios finden sich in dunklen Kellern mit künstlerischen Graffitis an den Wänden, Tango-Studios versprühen einen morbiden Charme, und Tanzschulen, in denen Standardtänze gelehrt werden, vermitteln mit dunkler Holztäfelung, Spiegeln und Kristalllüstern einen Hauch von Wiener Ballkultur.
Was „Tanzräume in Wien“ besonders macht, ist die Tatsache, dass Chromecek die Räume fotografiert hat, nachdem sie von den Tänzerinnen und Tänzern verlassen wurden. Obwohl keine Menschen auf den Bildern zu sehen sind, ist ihre Energie und Präsenz noch spürbar. Es ist, als ob der Raum ihre Bewegungen und Emotionen für eine Weile bewahrt, selbst wenn sie bereits gegangen sind. In Gesprächen mit den Betreibern der Tanzräume hat Chromecek festgestellt, dass auch sie diese Wahrnehmung teilen.
Chromecek machte an jeder Location nur ein Foto – analog noch dazu, und das unter Bedingungen, die herausfoirdernd waren. Wie etwa vermeidet der Fotograf in einem Tanzsaal mit Spiegelwänden, selbst im Bild zu sein? Die Lösung war der gute alte, in diesem Fall aber meterlange, Drahtauslöser.
Die Aufnahmen wurden bewusst aus der Perspektive der Tanzenden gemacht, wobei nur das vorhandene Licht genutzt wurde, um den Blickwinkel der potenziellen Nutzerinnen und Nutzer der Räume wiederzugeben.
Beim Fotobuchfrühstück im „Ministry of Artists“ am Allerheiligenplatz in Wien am 6. Mai 2023 gab es neben informativen Gesprächen am Ende sogar einen spontanen „Tanzkurs“, um das Konzept der „Tanzträume“ an Ort und Stelle auszuprobieren. Organisiert wurde das Fotobuchfrühstück wie immer von der reflektor-Gruppe, das Gespräch mit dem Fotografen führte Vreni Hockenjos.
Kurz ein paar Worte zum bemerkenswerten Schauplatz: „Ministry of Artists“ ist ein gemeinnütziger Kulturverein mit Sitz in Wien und einem internationalen Netzwerk von Künstlern und Förderern. Sie besteht aus einem interdisziplinären Kunst-Wohnzimmer und veranstaltet Ausstellungen, Konzerte, Lesungen, Performances und Workshops.
Die Initiative wurde im Dezember 2020 von den Künstlerinnen Doris Dittrich und Le Monsieur Flash ins Leben gerufen. Ihr Ziel ist es, durch Solidarität und Verbundenheit eine integrative und vielfältige Community aufzubauen, die Kulturen, Länder und Kontinente miteinander verbindet.
„Ministry of Artists“ bietet Künstlern aller Genres einen Raum für offenen Diskurs, kollaborative Projekte und den Austausch. Kunstliebhaber können den Pool von Künstlern entdecken und ihre Werke verfolgen oder sammeln. Die Initiative legt großen Wert auf den Wissenstransfer und plant, in verschiedenen Disziplinen eine breite Palette von Kursen und Workshops anzubieten. Von Anfängerkursen bis hin zu Meisterklassen sollen Jugendliche und Erwachsene die Möglichkeit haben, ihre Expertise zu erweitern.
Ein weiteres Anliegen des Ministry of Artists ist die Anerkennung der wertvollen Arbeit von Künstlern und die Förderung fairer Bezahlung. Sie setzt sich dafür ein, dass Kunst in allen Disziplinen als harte Arbeit angesehen wird, die entsprechend entlohnt werden sollte.Die Ministry lädt Kunstliebhaber und Interessierte dazu ein, sich an ihrem Projekt zu beteiligen, sei es durch Kreativität, Zeit, Wissen oder finanzielle Unterstützung. Sie glaubt daran, dass Kunst für jeden zugänglich sein sollte und dass die Kunst ohne ihr Publikum nicht existieren kann. Ich finde, dass dieses kooperative und demokratische Konzept unterstützt gehört.
Kurt Lhotzky