John G. Morris, Bildredakteur – 7. 12. 1916 – 28. Juli 2017

John Godfrey Morris wurde am 7. Dezember 1916 in Maple Shade, New Jerseym geboren und wuchs in Chicago auf. An der Universität von Chicago entdeckte er in den 30er Jahren seine Liebe zum Journalismus, arbeitete an der Studentenzeitung mit und gründete selbst ein Magazin, PULSE, das nach dem Vorbild von LIFE modelliert war.

JohnGMorrisWebNach seiner Promotion ging er nach New York und fand 1938 bei LIFE eine Anstellung. Er arbeitete sich zum Hollywood-Korrespondenten hoch und wurde 1939 nach London geschickt.  Von dort leitete er als Bildredakteur während des 2. Weltkriegs die gesamte Bildberichterstattung von LIFE über den europäischen Kriegsschauplatz.

Er war es, der die ikonischen Fotos von Robert Capa über die Landung der Alliierten in der Normandie auf die Titelseiten brachte. Er begab sich kurz danach selbst in die Normandie – er wollte den Schauplatz sehen, der ihn auf den Fotos von Capa so beeindruckt hatte, und geriet dabei unter deutschen Beschuss.

Bei Kriegsende übernahm er die Leitung des LIFE-Büros in Paris, und wurde nach seiner Rückkehr nach New York Bildredakteur des Ladies’ Home Journal. 1948 konnte er in diesem Magazin, das ziemlich wenig mit seiner bevorzugten Art des Fotojournalismus zu tun hatte, eine Reportage veröffentlichen, die Maßstäbe setzte: Fotos von Robert Capa, die dieser auf einer gemeinsamen Reise mit John Steinbeck durch Russland aufgenommen hatte. Ebenfalls im Ladies‘ Home Magazine erschien später eine Reportagenreihe “People Are People the World Over”, die als Vorbild für Edward Steichens „Family of Man“ angesehen werden kann.

Bis zum Ende seiner aktiven Laufbahn war John G. Morris einer der bei den von ihm betreuten Fotografinnen und Fotografen am höchsten geschätzten Bildredakteure. Als Mittler zwischen Wort und Bild muss der Bildredakteur nicht nur Aufträge vergeben, Fotos auswählen und arrangieren, er muss auch eingelangte Bilder ablehnen. Im Gegensatz zu anderen Journalisten in gleicher Position zeigte Morris stets die größte Loyalität und Verbundenheit zu „seinen“ Fotografen. Er unterhielt mit vielen seiner „Kinder“ freundschaftliche Kontakte und stand ihnen auch bei privaten Problemen bei.

1953 wurde Morris der erste Executive Editor der 1947 gegründeten Agentur Magnum und begleitete neun Jahre den Aufstieg der Fotografen-Kooperative. 1964 folgte ein einjährigs Intermezzo bei der Washington Post – als stellvertretender Chefredakteur war er für die erstmalige Veröffentlichung von Farbfotos auf der Titelseite einer Tageszeitung verantwortlich. Eine heftige Auseinandersetzung mit einem der Chefredakteure führten zu seiner Entlassung.

Anschließend fand er bei der New York Times (NYT) seine neue journalistische Heimat. Seine Bildauswahl spiegelte die ganze Zeit des Vietnamkriegs. Für viele der heute aus dem kollektiven Gedächtnis nicht mehr wegzudenkenden Fotos musste er kämpfen: So etwa für das ikonische Foto von Eddie Adams das zeigt, wie der Polizeichef von Saigon einen mutmaßlichen Vietcong-Kämpfer in den Kopf schießt. Oder das „Napalm-Mädchen“ von Nick -Ut – wobei das Argument gegen die Veröffentlichung nicht der grauenhafte Anblick eines brennenden rennenden Kindes, sondern die Regeln der NYT gegen Nacktfotos war.

Morris selbst fotografierte selten und war auch nur ausnahmsweise als Reporter aktiv. Eine gewichtige Ausnahme war der 5. Juni 1968, als er im Ambassador Hotel in Los Angeles Augenzeuge des Mordes an Robert F. Kennedy wurde.

Bis 1975 arbeitete Morris weiter im NYT-Konzern. 1983 ging er als Europakorrespondent von National Geographic nach Paris, wo er am 28. Juli 2017 verstarb.

Nach wie vor ist seine Autobiographie „Get the picture“ eines der spannendsten und amüsantesten Bücher über den Fotojournalismus im 20. Jahrhundert .

Morris war Träger zahlreicher internationaler Auszeichnungen und Ritter der französischen Ehrenlegion.

 


Rechte für das Porträtfoto: (C) Jane Evelyn Atwood/Marabout