Elliot Erwitt, geboren am 26. Juli 1928 in Paris, Frankreich, ist am 29. November 2023 in seiner Wohnung in New York im Alter von 95 Jahren friedlich verstorben. Mit ihm ist einer der letzten Vertreter der großen Ära der Fotografie des 20. Jahrhunderts von uns gegangen. Sein Werk hat über sieben Jahrzehnte hinweg die Welt der Fotografie geprägt. Seine Bilder sind für ihre humorvolle und zugleich tiefgründige Darstellung des menschlichen Lebens bekannt.
Erwitt wurde in eine russisch-jüdische Familie geboren, die bald nach seiner Geburt nach Italien auswanderte. Seine ersten Schuljahre verbrachte er in Mailand (1935-1938), nach der kurzfristigen Übersiedlung nach Paris 1938/39 in der französischen Hauptstadt. 1939 emigrierte die Familie in die USA.
Erwitt entdeckte seine Leidenschaft für die Fotografie als Teenager und kaufte seine erste Kamera im Alter von 16 Jahren.1945-1947 studierte er am Los Angeles City College, anschließend an der New School for Social Research (Film). 1950 machte er praktische Erfahrungen mit der Profi-Fotografie als Assistent im Studio des New Yorker Fotografen Valentino Sarra. Bis 1953 diente er im U.S. Army Signal Corps in Deutschland und Frankreich.
Seitdem lebte als freischaffender Fotograf in New York und arbeitete an den führenden Fotomagazinen seiner Zeit mit: Collier’s, Look, Life, Holiday.
1953 wurde er Magnum-Associate, ein Jahr später Vollmitglied. Von 1966-1969 war er Präsident der legendären Agentur. 1955 wurden einige von Erwitts Arbeiten im Rahmen der berühmten (aber nicht unumstrittenen) Ausstellung „The Family of Man“ gezeigt. 1959 wurde er international durch ein Foto mit dem ironischen Titel „The Kithen Debate“ berühmt: im Rahmen der Moskauer Industrieausstellung fotografierte er die wild debattierenden Staatsmänner Nixon und Chruschtschow. Die Mischung aus Reportagefoto, erfasster Situationskomik und einem ironischen Blick war typisch für sein Oeuvre.
Aufträge von großen internationalen Unternehmen wie Air France, KLM, Chase Manhattan Bank sicherten seinen Lebensunterhalt. Das ermöglichte ihm unter anderem, Dokumentarfilme zu drehen, deren Themen er sorgfältig auswählte: Beauty Knows no Pain (1971), Red, White and Bluegrass (1973), Glassmakers of Herat, Afghanistan (1977).
Erwitts Stil ist vielfältig und reicht von dokumentarischen Aufnahmen bis zu sorgfältig komponierten Porträts. Seine Bilder zeichnen sich durch einen einzigartigen Sinn für Timing und Humor aus. Einflüsse von Henri Cartier-Bresson, einem Mitbegründer von Magnum, und Robert Capa, einem weiteren Magnum-Mitglied, sind in seiner Arbeit erkennbar. Sein Werk umfasst eine beeindruckende Anzahl von Büchern und Projekten. Einige seiner bekanntesten Arbeiten sind „Son of Bitch“, „Personal Exposures,“ „Observations on American Photography,“ und „Snaps.“ Seine Fotografien spiegeln eine breite Palette menschlicher Emotionen und Situationen wider, von Alltagsszenen bis zu historischen Momenten. Wohl am bekanntesten sind Fotos, in denen Erwitts Lieblingstiere – Hunde – tragende Rollen spielen.
In den späteren Jahren seiner Karriere erhielt Elliot Erwitt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den International Center of Photography’s Infinity Award für sein Lebenswerk im Jahr 2011.
Elliot Erwitts bemerkenswertes Leben als Fotograf spiegelt nicht nur die evolutionäre Reise der Fotografie im 20. Jahrhundert wider, sondern auch die Fähigkeit eines Künstlers, die Essenz des menschlichen Daseins einzufangen.
Kurt Lhotzky
Beitragsfoto: Von Alfred Weidinger – Flickr: Elliott Erwitt in the Westlicht Museum of Photography, Vienna, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=21573958